1. Bürgerworkshop in Linden

Gießener Anzeiger, 02. Oktober 2025

Erster Bürgerworkshop gut frequentiert
60 Besucher folgen Premierenveranstaltung in der Stadthalle – Zweite Auflage im Dezember

2025 10 02 Bürgerforum
Linden (twi). Interessante Zahlen lieferte der geschäftsführende Gesellschafter und Mobilitätsplaner Alexander Gardyan vom Kasseler Ingenieurbüro für konzeptionelle und strategischen Mobilitätsplanung (IKS) beim ersten Bürgerforum in der Stadthalle. 60 Besucher, darunter 19 Gremienmitglieder waren der städtischen Einladung zum ersten »Bürgerworkshop – Gemeinsam Linden bewegen!« gefolgt. Verlagerung sorgt für mehr Qualität

Transparente Einbeziehung

Den Fokus hatten die Mobilitätsplaner im Vorfeld auf den innerörtlichen Fuß- und Radverkehr sowie eine Optimierung des Kfz-Verkehrs in den Wohngebieten, Ortsdurchfahrten und im Schulumfeld sowie beim Parken gelegt. Ziel der Veranstaltung war eine frühzeitige und transparente Einbeziehung der Bürger, die sich auch rege bei der Diskussion einbrachten und deren Anregungen nun im Nachgang auf der eigens dafür eingerichteten städtischen Onlineplattform wie auch im Mailverkehr mit IKS erwartet werden, um dann bei einer zweiten Veranstaltung am 15. Dezember darüber zu informieren.

Wie Bürgermeister Fabian Wedemann (CDU) in seiner Begrüßung betonte, arbeitet die Stadt an einem Mobilitätskonzept für die Zukunft »mit dem Ziel, unsere Stadt sicherer, lebenswerter und umweltfreundlicher zu gestalten. Damit dieses Konzept wirklich zu Linden passt, sind Ihre Ideen und Erfahrungen gefragt! Sie wissen am besten, wo es in unserer Stadt hakt, was schon gut läuft und welche Verbesserungen Sie sich wünschen. Vor allem aber möchten wir mit Ihnen ins Gespräch kommen: Bringen Sie Ihre Ideen, Anregungen und Fragen ein und diskutieren Sie mit.«

Auf die Ziele und bereits erhobenen Zahlen sowie erste Ergebnisse der Bestandsanalyse ging dann Gardyan ein. Dabei machte dieser klar: »Das Projekt ist zum heutigen Zeitpunkt offen für Ideen und neue Ansätze – es gibt noch kein fertiges Mobilitätskonzept.« Allerdings schränkte er auch ein, dass ein solches mittlerweile lediglich noch eine Halbwertszeit von zehn bis 15 Jahren hat. »Was vor einigen Jahren noch unmöglich schien, hat sich in den letzten Jahren durch Vorgaben geändert«, so Gardyan, der vor diesem Hintergrund fehlende Zebrastreifen beim »Goethe«-Kreisel in der Leihgesterner Straße in Großen-Linden monierte, die der Baulastträger Hessen Mobil eigentlich hier hätte auftragen müssen.

Verkehrszählung

Am 21. August, in der ersten Schulwoche nach den Sommerferien, wurde eine Verkehrszählung durchgeführt, die entlang der städtischen Hauptachsen bis zu 12 500 Fahrzeuge erfasste. Dabei wurden auch abschnittsweise deutliche Geschwindigkeitsübertretungen in Leihgestern in der Großen-Lindener Straße bei Tempo 30 mit 43 Stundenkilometern und in der Spielstraße »Am Heimatmuseum« bei erlaubten sieben Stundenkilometern gar 24 Stundenkilometer festgestellt. Befragt wurden zudem 288 Grundschüler der dritten und vierten Klassen an Burg- und Wiesengrundschule, mit welchem Verkehrsmittel sie zur Schule kommen, aber auch nach ihren Lieblingsorten und Gefahrenpunkten. Ein Drittel der Schüler an beiden Schulen wird mit dem »Elterntaxi« zur Schule gebracht. 44 Prozent an der Burg- und 37 Prozent an der Wiesengrundschule kommen zu Fuß.

Kommen an der Wiesengrundschule 19 Prozent mit dem Fahrrad, sind es an der Burgschule gerade mal zwei Prozent. Allerdings nutzten hier 18 Prozent einen Roller, während dies an der Wiesengrundschule lediglich zehn Prozent machen.

Ein Unfallschwerpunkt in der Stadt ist die Robert-Bosch-Straße im Gewerbegebiet Lückebachtal und auch die Gießener Pforte sowie der Goethe-Kreisel mit sechs Unfällen, darunter vier mit Rad-Beteiligung. Insgesamt wurden laut Polizeistatistik 92 Unfälle, davon 23 mit Rad- und sieben mit Fußgängern verzeichnet. Alle Bushaltestellen sind in einer fußläufigen Entfernung von 500 Metern erreichbar und darüber hinaus gibt es den »Bürgerbus Linden«.

Gute Ausgangslage

Gardyan stellte als »exemplarische Mängel für Fußgänger« Engstellen in Großen-Linden in Bahnhofstraße und Frankfurter Straße wie auch am Goethe-Kreisel fest. Beim Radverkehrsnetz weise Linden aufgrund von überwiegend flacher Topographie und geringer Entfernung zur Universitätsstadt Gießen und umliegenden Grundzentren eine gute Ausgangslage auf.

Im Ortskern bestehe hauptsächlich eine Führung im Mischverkehr, außerhalb bebauter Bereiche größtenteils Land- und forstwirtschaftliche Wege  der straßenbegleitende Radwege. Hier bemängelte der Planer eine breite und gemeinsame Führung mit dem Fußverkehr über die Europabrücke in der Frankfurter Straße wie auch im Mischverkehr auf Hauptverkehrsstraßen etwa in der Großen-Lindener Straße in Leihgestern.

 Zum Kfz-Verkehr wurden insgesamt 1177 Parkplätze im Stadtgebiet, im öffentlichen Straßenraum 885 und auf öffentlichen Parkplätzen 292 sowie 349 auf privaten Stellplatzanlagen wie Verbrauchermärkten und Geschäften gezählt. Bedingt durch den Glasfaserausbau verzögert sich jedoch die Auswertung der bereits stattgefundenen Erhebung von Parkplätzen im erweiterten Gebiet. Zum Parkverhalten fand am 17. September eine zweistündige Erhebung zwischen 9 Uhr und 21 Uhr sowie zusätzlich um zwei Uhr nachts für Bewohner-Fahrzeuge statt. Insgesamt 858 Bewohner-Fahrzeuge wurden des Nachts erfasst, von denen 232 den ganzen Tag nicht bewegt wurden. Der Auslastungsspitzenwert von 81 Prozent auf den 1177 Parkplätzen wurde um 19 Uhr erreicht, während um 11 Uhr ein Wert von 69 Prozent und 808 Fahrzeugen auf 1166 Parkplätzen gezählt wurde.

Verlagerung sorgt für mehr Qualität

Als Zielsetzung für die nun beginnende Online-Beteiligung nannte der Planer eine Steigerung der Lebensqualität in der Stadt. So würden etwa eine Steigerung des Fuß- und Radverkehrsanteils und der ÖPNV-Nutzung durch die Verlagerung von Kfz-Fahrten auf den Umlandverband barrierefreie Fuß- und Radverkehrsnetze mit hoher Aufenthaltsqualität, Komfort und Verkehrssicherheit anbieten. Eine Verkehrsberuhigung des Ortskerns, die Vermeidung von Kfz-Durchgangsverkehr und ein Angebot attraktiver und sicherer Schulwege, die Etablierung von Alternativrouten zu den Hauptverkehrsstraßen für den Radverkehr, eine Verbesserung der Radverkehrsanbindung insbesondere Richtung Gießen seien Schlüssel, um eine nachhaltige Mobilitätskultur zu etablieren. Mit »Good-Practice«-Beispielen, die keine abgestimmten und im Detail geprüften Maßnahmen oder Empfehlungen enthalten, schloss Gardyan seine Ausführungen. So gebe es oftmals aufgrund begrenzter Breite auf den Hauptverkehrsstraßen kaum Handlungsspielraum.

Umfrage läuft bis Ende Oktober

Aus spontanen Vorschlägen aus dem Kreis der Bürger wurden ein Lkw-Fahrverbot auf Durchgangsstraßen, Fahrradstraßeneinrichtungen und auch zahlreiche Detailvorschläge aufgenommen. An der bis zum 31. Oktober laufenden Online-Befragung können sich die Bürger unter www.linden.iks-beteiligung.de einbringen. Direkte Anregungen sollten an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. gerichtet werden.

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